Meetingwahnsinn – keine Zeit zum Arbeiten, bzw. eine schlechte Meetingkultur

Meetingwahn, Meetingkultur

 

Ganz nach dem Motto, „Wenn du nicht mehr weiter weist, gründe einen Arbeitskreis“ beobachte ich in einigen Unternehmen das Phänomen des Meetingswahns. Es werden mannigfaltige Besprechungen, Sitzungen, JourFix, … abgehalten. Hierzu dann noch jeder eingeladen, der auch nur ansatzweise etwas damit zu tun haben könnte. Die daraus entstehende Besprechungskultur lässt eine Organisation erlahmen. Durchdringen Sie diesen Wahnsinn mit den nachfolgenden Tipps und Vorschlägen. Doch bis ich Ihnen diese gebe, möchte ich Ihnen einen Überblick gewähren, welche Arten der direkten oder auch versteckten Meetings täglich auf uns im Geschäftsalltag einwirken können.

Herr Kogler, arbeite bei einem Spezialisten für CNC-Frästechnik als Leiter des Einkaufs und der Logistik. In seiner Führungsfunktion trägt er in seinem Bereich Verantwortung für 24 Mitarbeitende und ist innerhalb des Unternehmens in einige weitere Projekten mit eingebunden. Die Kalenderfunktion seines Smartphone zeigt bereits den ersten Termin am Montagmorgen um 8 Uhr. Das wöchentliche JourFix mit seinen Facheinkäufern steht an. Normalerweise werden in diesen 30 Minuten, die wichtigsten Dinge der kommenden Arbeitswoche besprochen. Doch an diesem Montag entsteht eine hitzige Diskussion über aktuell steigende Lieferzeiten und eine draus resultierende Versorgungslücke. Um 9 Uhr vibriert das Smartphone von Herrn Kogler und zeigt an „9.00 Uhr – Abstimmungsrunde der Abteilungsleiter zur Investitionsplanung“. Hastig wird das JourFix mitten in der ungeführten und nicht dokumentierten Diskussion abgebrochen und Herr Kogler eilt in das große Besprechungszimmer im Stockwerk über ihm. Das Meeting hat bereits pünktlich um 9 Uhr begonnen und Herr Kogler kommt 3 Minuten zu spät, was sein Geschäftsführer mit einem scharfen Blick erwidert. Die Abstimmung ist mit zwei Stunden angesetzt und außer des Meeting Titel gibt es keine Agenda und auch keinen Zeitwächter. Da die ersten drei Bereichsleiter sehr ausführlich Ihre Themen vorstellen und diese offen diskutiert werden, vergeht die Zeit wie im Fluge und als Herr Kogler an der Reihe ist, hat er bis zum offiziellen Meetingende nur noch 20 Minuten Zeit. Er möchte jedoch die Belange des Einkaufs und der ihm zugehörigen Logistik ausführlich darstellen und die notwendigen Erweiterungen des Lagerbereichs ziehen eine kontroverse Diskussion nach sich. Um 11:45 Uhr wird das Meeting mit etlichen Arbeitspaketen für Herr Kogler beendet. Schnell hetzt er in sein Büro, sieht kurz in sein E-Mail Postfach – 21 neue Nachrichten und 7 Rückrufe zeigt sein Telefon an. Eigentlich wollte er die Stunde nutzen, um ein Personalgespräch um 13 Uhr vorzubereiten. Eilig ruft Herr Kogler bei Herrn Walther, dem Fertigungsplaner an, welcher ihm dreimal auf die Mailbox gesprochen und eine eMail mit dringender Rückrufbitte hinterlassen hat. Hier erfährt er, dass die Produktion dringend ein spezielles Aluminium benötigt um einen Auftrag bis Ende der Woche fertigen und ausliefern zu können. Herr Kogler will gerade auf den zuständigen Facheinkäufer verweisen, da er selbst den ganzen Tag in Meetings sei, als Herr Walther entnervt entgegnet, das er diesen bereits kontaktiert hatte, dieser jedoch keine Zeit habe denn er sei mit einem Lieferanten den ganzen Tag in Jahrespreisverhandlung und kann sich deshalb um nichts weiteres kümmern. So vergeht der Vormittag, das anstehende Personalgespräch rückt näher und muss noch vorbereitet werden und die anstehenden Aufgaben werden ehr mehr als weniger. Hastig isst Herr Kogler eine Kleinigkeit und hastet lückenhaft vorbereitet in das terminierte Personalgespräch. Dieses Gespräch läuft für beide Seiten dann wieder erwarten nicht zufriedenstellend, da Herr Kogler keine Möglichkeit hatte, die geplante Vorbereitungszeit zu nutzen. Dieses macht ein zweites Gespräch notwendig, wozu Herr Kogler eine kleine Lücke am Donnerstag der kommenden Woche in seinem Terminkalender findet. Erfreulich jedoch ist, dass Herr Kogler zur Angebotsdurchsprache um 14.00 Uhr pünktlich kommen kann. Diese Marathonrunde, in welcher alle aktuellen Angebot und deren Status besprochen werden, ist bei jedem beteiligen nicht sehr beliebt. Es sind alle Fachabteilungen vertreten, zudem einige Prozessspezialisten, Vertreter der Produktion, das Marketing als auch jemand aus dem Controlling und einige Facheinkäufer aus der Abteilung von Herrn Kogler. Alles in allem eine stattliche Runde von 14 Personen. In den kommenden 2 Stunden wird jedes Angebot besprochen. Wie ist der aktuelle Status, was fehlt noch, wie ist der Stand der Beauftragung, was denkt die Fertigung über dieses Produkt, wo hat die Qualitätsabteilung bedenken, warum ist die Materialkostenkalkulation noch nicht gestartet, … In Summe eine sehr große Besprechungsrunde, bei der einige nur Zuhörer sind, da sie ggf. einmal davon betroffen sein könnten, einige werden eingeladen, da sie schon immer eingeladen wurden, manche werden eingeladen das keiner sagen kann er wüsste nicht vom Thema XY. Gesamt gesehen ein äußerst unproduktives Regelmeeting, welches über die Zeit gewachsen ist, jedoch der Sinn und die Teilnehmerrunde nie kritisch hinterfragt wurden, ob eine Teilnahme noch sinnig sei oder nicht. Herr Kogler mach sich den Spaß im Meeting einmal die Meetingkosten zu berechnen. Bei 14 Personen a 2 Stunden und einem internen Verrechnungssatz von 68,20 Euro kommt er auf knapp 2.000 Euro an Kosten für dieses Meeting ohne nennenswerten Mehrwert. Das Gute dran ist, das wie angesetzt das Meeting um 16 Uhr beendet werden kann. Herr Kogler findet nun endlich Zeit, sich noch ein paar Stunden seiner eigentlichen Arbeit widmen zu können. Seine Mitarbeiter haben ihn heute so gut wie nicht gesehen, das E-Mail Postfach läuft über und die Anzahl der Rückrufe stieg weiter permanent an. Als Herr Kogler ausgepowert um 18:30 den Weg nach Hause antritt ist der mit seiner Tagesleistung sehr unzufrieden, da er nicht die Dinge anpacken und umsetzten konnte, welche er heute voranbringen wollte. Zudem sieht er aktuell, als auch in naher Zukunft, keine Besserung da sein Kalender schon jetzt für die kommenden beiden Wochen bis zu 90% belegt ist. Und das war erst der Montag der aktuellen Woche.

Kommt Ihnen dieses bekannt vor? Dann habe ich eine Lösung für Sie!
All diese Arten von Meetings und Besprechungen können unzählige Namen erhalten. Ob Telefonkonferenz, Arbeitskreis, Workshop, Durchsprache, Sitzung usw., alle haben oft eines gemeinsam, es sitzen oder stehen mehrere Personen zu einem Thema zusammen. Um diese Zusammenkünfte so gut wie möglich abzuhalten, achten Sie vorab darauf, ob dieses Meeting wirklich notwendig ist oder ob es sich mit einer kurzen persönlichen oder telefonischen Abstimmung erledigen lässt. Wenn Sie zu Besprechungen eingeladen werden, worin Sie denn Sinn und Zweck des Meeting und Ihrer Teilnahme nicht zu 100% bestimmen können, fragen Sie beim Einladenden nach, weshalb Sie teilnehmen sollen und welchen Mehrwert Sie beitragen können.  Falls es keine klare Agenda gibt, fordern Sie diese ein, damit jeder Teilnehmer sich darauf einstellen und vorbereiten kann, wer zu welchem Punkt wann und wie lange vorgesehen ist. Strukturieren Sie Ihr Meeting so, dass Personen, welche nicht ständig anwesend sein müssen, nur zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt dazukommen können. Haben Sie auch einmal den Mut, abzusagen wenn sie keinen Sinn in der Besprechung erkennen können und der einladende Ihnen den Mehrwert Ihrer Teilnahme nicht plausibel begründen kann.
Lassen Sie es nicht zu, das sich bei Besprechungen die Teilnehmerzahl künstlich aufbläht, damit alle Personen die evtl. irgendwann in irgendwelcher weise Berührungspunkte haben könnten, Ihre Zeit in Besprechungen absitzen.
Wenn Sie zum Meeting einladen, versuchen Sie den Teilnehmerkreis so klein wie möglich zu halten und dem Meeting Form und Struktur zu geben. Halten Sie an der geplante Agenda fest. Installieren Sie die Funktion eines Zeitwächters welcher auf die Einhaltung der vorgegebenen Zeit überwacht und ggf. eines Methodenwächters zur Einhaltung des vorgesehenen Ablaufs. Achten Sie auf eine angemessene Verteilung von Pausenzeiten zu Meetingzeiten und vor allem frischer Luft. Vermeiden Sie Wortprotokolle und fassen die Besprechung kurz und prägnant zusammen, sehr gut haben sich hierzu auch Fotoprotokolle etabliert.
Wenn Sie Sitzungen im Stehen ohne Tische abhalten, zeigt die Erfahrung, dass diese schneller und effektiver ablaufen – also führen Sie besser „Stehungen“ als Sitzungen durch.
Zu guter Letzt, überprüfen Sie regelmäßig die Sinnhaftigkeit von Regelmeetings, ob diese noch notwendig sind und die beteiligten Personen noch einen Mehrwert bieten. Wenn Sie dann noch die Kosten des Meetings an jedem Meetingende veröffentlichen, wird allen beteiligten bewusst ob dieses Meeting den Kosten-Nutzen entsprochen hat.
In weiterentwickelten Firmen gibt es zusätzlich noch festgelegte Zeiten von störungsfreiem arbeiten. Diese sind in der Regel für den Vormittag angesetzt, wenn die Leistungsfähigkeit am höchsten ist. Dort dürfen z.B. keine Vormittagsmeeting anberaumt werden, sondern nur nachmittags. Falls dieses bei Ihnen nicht möglich sein sollte, blocken Sie sich in Ihrem Kalender, Termine mit sich selbst.

 

Powertipp – für eine bessere Meetingkultur:

Ist das Meeting wirklich nötig?

  1. Ist meine Teilnahme überhaupt oder die ganze Zeit nötig?
  2. Haben Sie den Mut, ihre Teilnahme abzulehnen
  3. Achten Sie auf eine kleine Teilnehmerzahl
  4. Achten Sie auf eine klare Agenda und deren Einhaltung (Zeitlich & Systematisch)
  5. Führen Sie „Stehungen“ statt „Sitzungen“ durch
  6. Foto- oder Stichpunktprotokoll statt Wortprotokoll
  7. Veröffentlichen Sie in jedem Meeting die entstandenen Kosten der Besprechung
  8. Überprüfen Sie die Sinnhaftigkeit Ihrer Meetings regelmäßig
  9. Am besten vormittags keine Meetings
  10. Blocken Sie sich wenn notwendig einen Termin mit sich selbst im Kalender

 

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